Tagebuch von Arthur Schnitzler, 21. 1. 1896

21/1 Vorm. 2 Mädeln nachgelaufen, eine angesprochen, zahm abgewinkt. Zauber der Vorstadt.– Nm. Bahr da.– Hatte vorher teleph.– Ich hatte Angst: von da nichts gutes.– Brachte mir vom Regiecollegium des Rmdth. Antrag nächstes Stück, wollte auch ev. das Märchen; könne selbst Engagements vorschlagen etc.– Dann sagte ich: Da du schon einmal bei mir, können wir uns aussprechen.– Ich erklärte ihm, wie er persönlich und sachlich ungerecht gegen mich gewesen etc. Er: Ich schwanke dir gegenüber. Heuer Hugo einmal zu mir, von dir. Ich sagte ihm: Was stecken S denn immer bei dem S.,– das ist kein Künstler, das ist höchstens ein Feuilletonist. Hugo drauf: Das ist nicht wahr – mir ist er ja auch manchmal zuwider – dann aber – ein Mensch, der sich so tief z. B. mit dem Tod befasst ist kein kleiner Mensch – u. s. w.– Ich weiss ja, dass ich mich geirrt hab – sagt Bahr dann.– »Ich hab auch dem Burckhard gesagt, ich muss 2 Feuilletons über die L. schreiben – eins wenns durchfällt, wo ich ihn riesig lob und eins wenns gefällt, damit ich mich mit ihm auseinandersetz.« – Ich: Warum unterschlägst du aber direct Sachen z. B. Figur des Weiring – Er. »Propagandanatur,– muss corrigiren, Wochenschrift etc.– Es haben mir ja Leute gesagt, dass uns das Feuilleton auf immer auseinander brächte – aber ich hab mir gleich gedacht: nein.«– »Offenbar sind wir so gegen einander, weil wir gleichaltrig sind etc.«–
– Während er da, kam ein Brief von Dilly, glühend, einfach zum todtlachen, zum Jahrestag ihres Betrugs. U. a. ich solle mich ins unvermeidliche fügen und wieder ihr Geliebter werden.– Vorm. ein quälender Brief von Mz. I. Abd. mit Mz. Rh. spazieren.