20/7 Früh schlechtes Wetter. Herum mit
H. K.; über das gegenseitige Mißtrauen. Wie meist verstehen wir uns nach einer Stunde ganz
leidlich. Fahre
Breitenstein,
H. K. weiter
Semmering; um nach dem Essen wieder nach
Wien zu fahren. Ich zum
Orthof, speise dort; zu
Alma M.;
Werfel, und
Hofr. ;– werde sehr herzlich begrüßt.– Nm. plaudere ich mit
Alma. Sie bekommt viel Briefe von
O., die nicht ganz echt im Ton klingen,– sie stellt sich »glücklicher« an, als sie sich
offenbar fühlt.
Alma begreift meine Einstellung – ist trotzdem überzeugt, dass wir »einmal« wieder zusammenkommen.–
Mit
Werfel schönen Abendspaziergang zur
Kreuzbergwarte. Erzähle von meinen Stücken, auch von dem
Josefsplan. Er von seinem Leben hier oben – insbesondre von der Einsamkeit im Winter, der fast
unerträglichen Concentration, den Depressionen.– Auf der Warte (die ich zum ersten
Mal sehe). Über den Schwindel; meine Theorie vom Raum-, Zeit- und Causalitätsgraun
(vom »Graun«
Kaufmann’s ausgehend). Wunderbare Landschaft.–
N. d. N. phantasire ich Clavier;– »
Bach«, Walzer (auch meine
alten) –
Alma und die andern sind frappirt – hatte auch wirklich hübsche Einfälle.–
Alma spielt dann
Puccini Manon,
Traviata;– wir reden von
Mahler, sie spielt allerlei Themen aus seinen Symphonien. Ich spreche wieder mein Entzücken
über die Melodienfülle und den Schwung aus. In
Deutschland, sagt
Alma, hat
M. jetzt wieder eine schlechte Zeit;– aus nationalistisch antisemitischen Gründen vielfach.–
Wir reden über das Treiben in
Deutschland;– die Mordliste, auf der auch
Einstein steht.– Die Atmosphäre der Gegenwart,– die Haßwelle,– der Contrast zur Libido.– Über
Kraus (sein
neues
Heft mit Angriffen auf
Werfel,
Hofrätin,
Hugo, mich,
Bahr etc. etc.) und seine Jünger;– über Psychoanalyse und ihre Gefahren; anekdotisches
und allgemeines. Bis Mitternacht. Die
Hofrätin. Warum gibt’s
in
Wien nie solche Stunden.– Über
Strauss’ Feindschaft gegen
Mahler (ich glaube hier sieht
Alma nicht ganz richtig; glaube nicht, dass er gesagt hätte »
M. ist eine
Wiener jüdische Affaire, die uns nichts angeht«).