2. August Schöner Morgen.
Erhalte vom
Tagblatt 1040 Kronen. Rechne nach: seit Sonntag 3 Uhr, wo ich
Salzburg verließ, bis heute früh 100 Mark ausgegeben. Allerdings felt noch die Rechnung fürs
Zimmer.
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Rückblickend: diese erste Woche war sehr gut, lange habe ich mich nicht so reich und
innerlich bewegt gefült.
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Gebadet. Beim Weg hinab denk ich an meine Vorlesungen, zu welcher die erste Conference
(vor »
Reigen«) so anzukündigen wäre: »über die Notwendigkeit, wieder etwas frecher zu werden«. Reif sein ist sehr schön, aber man kommt damit in
Wien nicht durch. Bei wilden Völkern, wie die
Wiener sind, ist Cultur nur mit der Peitsche zu machen
einzutreiben. – Ich gestehe ein, einen taktischen Feler begangen zu haben. Als wir begannen und
die alten Herren, die Schatzhüter der Talentlosigkeit,
vom im panischen Schrecken, klein beigaben, hatte ich Erbarmen mit ihrer Hilflosigkeit
und wie ich sie so zerknirscht sah, dachte ich, es sei wirklich unnötig, sie noch
weiter zu ängstigen, sie würden schon Ruhe geben, und mehr als Ruhe hatten wir nie
verlangt, Ruhe vor albern höhnischen Angriffen und das Recht, uns auf unsere Art auszuleben.
Sie aber deuteten das falsch und legten es aus, als wären wir verstummt, seit wir
den großen Namen und die sichere Stellung erreicht. Ich pfeif aber auf den großen Namen und die sichere Stellung. Ich will,
daß das, was mir für schön gilt und auf mich als schön wirkt, unser Leben beherrschen
soll. Und geht das nicht in Ruhe, so soll es wieder mit Lärm geschehen. Ich haben
Frieden und Krieg in meiner Toga. Und Krieg ist mir lieber, weil ich schon in den
Jahren bin, wo man Bewegung braucht, um nicht zu verfetten, und es wird mir sehr gesund
sein, wieder ein bischen Motion zu machen. Dies will ich diesen Winter tun.
Digression auf das »Schweigen der Gebildeten«. Sie sündigen im Vertrauen auf die Unlust,
die jede vornehme Natur haben muß, sich mit solchem Gesindel herumzuschlagen, und
auf die recht
östreichiche Neigung der Guten, sich still abseits zu halten. Dadurch ist unsere Politik so herabgekommen,
weil kein anständiger Mensch
nicht mehr mittun will. Nun das geht mich nichts an. Ich will nur dafür Sorgen helfen,
daß, wenn die äußere Form der hier lebenden Menschen zerbricht, doch, was wichtiger
ist, das innere Wesen bewahrt, gerettet werden soll. Unser geistiges Leben soll nicht
von den Mediocren dirigiert werden. So lange ich noch in
Wien bin, wird dies nicht geschehen, verlassen Sie sich!
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Zum »
Meister«. Der
Japaner lebhaft u. behend wie ein Aff. Seine bewegliche Miene verräth jeden Gedanken: bald
mit breitem Munde über das ganze Gesicht lachend, bald tödtlich erschrocken. Sein
liebes Lachen, indem er den ganzen Körper beutelt. Reagiert rapid auf alles. Entweder, Hände reibend:
O das ist fein! . . . O das ist gut, sehr! Oder, mit dem Zeigefinger drehend: Das ist falsch, bitte.
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Nonn sagt im ersten (gleich zum Bruder) und im zweiten (bei Idas Verlobung) Akt je einmal: »Gemütstöne hab ich nicht.« Im dritten gibt es ihm Beryl zurück: »Gemütstöne hast Du doch nicht! Plag Dich nicht!«
–
Mit
Fred u.
Trebitsch im
Achselmannstein gegessen, dann nach
Berchtesgaden,
Kathi Rosen verfehlt, zurück. Sehr heiß. Abends zieht sich ein Gewitter zusammen. Ich gehe ziemlich
schnell durch den stockfinsteren Wald, hinter mir machen drei betrunkene Radfahrer,
ihre Räder schiebend, einen Höllenlärm; wenn es blitzt, scheint der ganze Wald plötzlich im Feuer zu stehen.
Ich trinke dann noch, atemlos, verschwitzt, während es um das Haus donnert u. blitzt,
ein paar Krügel,
the hound of the Baskervilles auslesend. Zum »
Dialog vom Laster«, ein Kapitel, daß die Erregung des anderen der höchste Genußfactor sei. Jene »
Geschwitz«, eine
Engländerin, als Lehrerin in einem katholischen Kloster gänzlich depraviert, hat sich in Brigitte
(
so irgend ein braver Philistername ist zu suchen) verliebt u. schleicht um sie herum. Der Graf, damals noch gesund, bildschöner großer
Cavallerist von der Garde, aber auch um Brigitte bemüht, die ihn rasend macht, indem
sie, mit den anderen gar nicht spröd, wie er weiß, sich (um ihn zu excitieren) nur
gerade ihm versagt, macht sich über die
Engländerin und ihre klägliche Leidenschaft sehr lustig. Dies bringt sie auf die Idee, beiden zusammen eine »Probenacht« zu gewähren, »um die Wette«. Der Graf »gibt das Rennen
auf«. Für ihn ist nemlich die Erregung der schlotternden, hysterisch mit den Zähnen
klappernden, den Kopf zurückschlagenden
Engländerin so kurios, daß er über dem mehr pathologischen Interesse zum ruhigen Zuschauer wird.
Hier schließt sich auch das Thema an, daß Häßliche more exciting sind, weil Schönheit
die Sinne eher bändigt.