Tagebuch von Arthur Schnitzler, 13. 2. 1921

13/2 S. Mit gleichen Gefühlen erwacht;– heftiger Ausbruch, in sich selbst sich verzehrend.–
Nach Hietzing zu Popper. Allerlei zur Reigen Affaire. (Sie kommt vor den Verfassungsgerichtshof;– das Stück,– wird indes weiter gespielt.) – Über Geist und Seele.–
– Zu Richard Strauss; nicht daheim.–
Nm. Bilanzen.– Am Weiher!–
In die Kammerspiele. Vorher schon telef. verständigt, daß Unruhen. Sie waren vorbei, als ich hinkam. Über 300, von einer Katholikenversammlung kommend, wo ich (von Seipel u. a.) beschimpft wurde, insultiren die Theaterbesucher, die eben kommen, johlen: »Man schändet unsre Weiber! Nieder Reigen! Nieder mit den Sozialdemokraten u. s. w.« Polizei vertreibt sie. Viel Polizei an den Eingängen.
– Ich auf die Bühne. Frau Olly erzählt eine Räubergeschichte, daß sie fast nicht herein gelassen worden wären. Ich stehe in den Kulissen, wie eben Iwald (Ehegatte) – Frau Carlsen (Ehefrau) in den Armen hält.– Vom Zuschauerraum aus die Scene Gatte – süßes Mädl.– In der Garderobe setze ich meinen Namen unter die beiden Iwald-Reigen-Bilder .– Spreche die Keller und die Markus.– Warne Bernau;– wie er beabsichtigt, den Reigen am nächsten Sonntag drei Mal zu geben.– Ein Reporter der Reichspost theilt Bernau mit, daß Dinstag im Theater randalirt werden wird. B. erwidert, daß diese Leute von Volkwehr und Arsenalarbeitern an die Wand geklebt werden dürften.–
Mit Schulbaur und Friedmann in den Pan. Dort in der American Bar allerlei Künstlervölkchen. Frau Carlsen, zwischen »Reigen«, und ihrem Auftreten in Ihre Hoheit die Hose, läßt sich »Ehelei« überhören.– Vorträge und Einakter (von Schulbaur inszenirt). Frau Olly in »Lauf doch nicht immer nackt herum«; durchaus im Hemd . . . (Keinerlei Kundgebungen des Katholikenbundes.) – Frau Loos, Chansons;– mit ihr und Friedm. zusammen fort.–