Ich darf wol annehmen, daß »
Selbstbildnis« nun bald erscheint; je früher, desto besser: jedenfalls bevor die Herren Rezensenten
auf Sommerferien gehen, was wol mit Juni beginnt. Anbei folgt ein Verzeichnis der
Adressen, an die Freiexemplare zu senden sind. Die mit + bezeichneten gehen an Leute,
die voraussichtlich darüber schreiben: also auf Kosten des Verlags. Die
nicht mit + bezeichneten dagegen auf meine Kosten, wobei ich voraussetze, daß Sie mir diese
Kosten so gering als möglich ansetzen. Diese »persönlichen« Exemplare sollen mit einer
Karte versehen sein, auf der steht: »Im Auftrag des Verfassers.« – Nach Gebrauch erbitte
ich mir das Verzeichnis der Adressen zurück: es könnte ja dennoch sein, daß ich auch
in Zukunft noch einmal ein Buch schreibe. Zur Zeit siehts nicht danach aus: ich bin nach einer wochenlangen schweren, echt
münchnerischen Grippe in einer solchen körperlichen und geistigen, seelischen und menschlichen Depression,
daß ich mir kaum vorstellen kann, wie sich der dünne Lebensfaden weiterspinnen soll.
Ich darf annehmen, daß Sie bald mit meinen Büchern das schöne Geschäft machen werden,
daß ja der Tod eines Autors meistens bringt. Zunächst schicken mich die Ärzte nach
Meersburg am Bodensee: das ist ein Versuch, mir einen Ersatz für meine geliebte, jetzt aber valuterisch
verschlossene Adria zu bieten, die
d’Annunzio immer schon
il mare nostro nannte; er hat recht behalten und sie hat aufgehört, il mare mio zu sein, das mich
Jahrelang immer wieder mit neuer Kraft, neuem Mut und neuer Lust verproviantierte
– »
Vorbei, vorbei«, sagt der alte
Capulet.
Grüßen Sie die verehrte liebe Frau
Hedwig von
uns beiden herzlichst und bewahren Sie ein gutes Andenken Ihrem für Melancholie ganz
unbegabten
P. S. Ich nehme an, daß an Ihre Hausautoren
Thomas Mann,
Hofmannsthal, Schnitzler,
Beerhofmann,
Salten u.
Bernard Shaw ohnedies Exemplare geschickt werden.