Meine geliebte Mizi, ich habe dir nur einiges über den gestrigen Tag zu erzählen, u eigentlich nicht viel.
Den Nachmittag hab ich angenehm u allein auf meinem Zimmer verbracht, mit den
Entrüsteten beschäftigt, u einem neuen Stück, dessen 3 Akte ich mit einem plötzlichen Interesse
skizziert habe (es ist mir schon in
Wien eingefallen) u das vorläufig unter dem Titel »
Das Kind« gehen soll. Abds im Wald spazierengeradelt. Nach dem Nachtmahl zu
Richard; mit ihm zu
Paula, die in einem der letzten
Ischler Häuser gegen die Traun zu, im
Steinfeld, wohnt, sich sehr wohl befindet; wir gingen dann noch in der Abendbeleuchtg zwischen
Holzplätzen und längs eines todten Traunbetts, wo Holz in großen Massen angeschwemmt
liegt, spazieren; Glühwürmchen, fernes Gewitter, erleuchtete Fenster . . kurz die Regie war vorzüglich. –
Heut früh bin ich mit
Richard, der ein blutiger Anfänger ist, nach
Laufen geradelt, woher ich eben zurückkomme. –
Gestern bei der Table d’hôte die noch mäßig zahlreichen Gäste besichtigt, mir durchwegs
ziemlich unsympathisch; schwachsinniges Sommercurortgetalke über Wetter, Ausflüge,
Nachmittagssonne und Radfahren. Ich schwieg. Die meisten scheinen gerührt über ihre
eigne Liebenswürdigkeit, Nettigkeit und machen den Eindruck, als wollten sie sagen:
»Seht, so sind wir, freundlich gegen Leute, die wir kaum kennen, zuvorkommend, voll
Humor, . . und doch steckt eigentlich noch etwas in uns – das kann man natürlich bei oberflächlicher
Bekanntschaft nicht bemerken; aber es leuchtet zuweilen durch . . . . «
– Eben ist auch die »
Zeit« gekommen – ein
Artikel Bahrs über ein offenbar ganz kindisches Buch »
Berliner Theater« von
Linsemann: Ich war dabei, wie die
Frau des
Linsemann (eine
Berliner Schauspielerin)
Bahr besuchen kam. Auf diese Weise erzielt man Feuilletons von diesem Tropf. – Das
Feuilleton ist danach. – Mein Ekel vor allem diesem Gesindel wächst ins Riesengroße. – Leb wohl
mein Schatz. Morgen, morgen endlich wird ein Brief von dir da sein, hoff ich!
Von der
Rudolfshöhe bin ich neuerlich entzückt; mein Fenster geht aufs Grüne, nur aufs Grüne, Wald, Wiese,
– und Himmel, der übrigens blau ist. –
Leb wohl, meine Mizi, und sei tausend Mal geküßt! Ich sehne mich nach dir.