Richards Bericht von dem »
Abschiedssouper« war recht unerfreulich; er scheint mit der gewissen Hellsichtigkeit der Autoren
jede Mücke als Elefanten empfunden zu haben; wie es wirklich war, weiß ich natürlich
nicht, jedenfalls ist die überaus freundliche, gewissermaßen respectvolle
Notiz in der »Neuen Freien Presse« sehr erfreulich und nützt 10mal mehr als die Aufführung selbst. So wird im ganzen
dieser Einbruch von äußerem Leben in Ihr inneres keine schlechte Laune zurückgelassen
haben. Ich freue mich schon recht sehr auf die
Parallel-novelle.
Mein Leben verstreicht ziemlich nichtssagend, mit
langsam steigendem inneren Wohlbefinden. Von
Strobl hoffe ich manches Schöne: Sonne und Mond am Wasser, Segeln, kindlich-lärmende Vergnügungen,
Richard, auch
Schwarzkopf; nur Sie gar nicht?
Ich lese mit lebhaftestem Interesse die »
Hauptströmungen« von
Brandes, unendlich vieles aus der 1
ten Hälfte des Säculums besitzt im zweiten ein Gegenbild, manches eine Carricatur; namentlich
sehe ich mit halb schauerndem Staunen, wie völlig sich die
Producte der jüngsten Strömungen, in denen ich ja auch mit einer Fußspitze stehe, der Romantik
als Kugelspiegelbild, halb verschrumpft, halb aufgedunsen, gegenüberstellen.
Ich habe mir sehr viel abzugewöhnen, aber es sind wenigstens lauter echte Dichterkrankheiten.
Mir scheint, der Satz klingt maßlos arrogant; lesen Sie ihn nicht so. Sie müssen mir
einen handgreiflichen Gefallen thuen: ich bin mit
Bahr verabredet, Ende Juli nach
München zu gehen; mir passt 24. (eventuell 25.) bis 1. August; seit 14 Tagen beantwortet
Bahr keinen Brief. Ich muss aber doch endlich wissen, woran ich bin. Also bitte, telephonieren Sie in meinem Namen an die
Redaction der »Deutschen Zeitung«, man möge entweder
Bahr meine dringende Aufforderung endlich zukommen lassen, oder seine Adresse angeben,
oder wenn man das nicht darf, wenigstens sagen, wie lang er beiläufig incognito oder
verschollen bleiben dürfte. Und bitte, schreiben Sie mir
sofort den Bescheid.