Brahm an Arthur Schnitzler, 2. 1. 1897

Berlin, 2. Januar 1897

Lieber Doktor Schnitzler,

ein bißchen Bedenken hatte ich ja (wenn sie auch an das feierliche Wort Gewissen nicht heranreichten); aber um Ihnen und dem mir sympathischen Herrn Salten gefällig zu sein, habe ich sie tapfer heruntergeschluckt und den beifolgenden Schreibebrief abgefaßt, der hoffentlich nach Wunsch geraten ist, Herrn Salten zum Ziele hilft und – dies vor allem – ihn nicht in eine Sache hineinsetzt, die er einmal bereut. Der Weltstadt Bromberg habe ich übrigens auch schon zu einem Direktor verholfen. So bevölkert man das Weltall.
Weiter habe ich, um Ihnen (nicht dem mir unsympathischen Herrn Bahr) gefällig zu sein, desselbigen Stück gelesen. Ich finde es für das Deutsche Theater nicht geeignet. Da Herr Bahr es nicht direkt eingereicht hat, so kann ich mich auf diese Kabinettjustiz beschränken und die Motivierung des Urteils Ihnen und mir ersparen.
Warum aber schreiben Sie immer nur von anderen und gar nicht, was Sie treiben, arbeiten, wie Sie gestimmt sind. Das müssen Sie nächstens nachholen. Bei uns geht es gut, die Glocke klingt weit hinaus in die Lande und ruft die Lebendigen. Wenn ich kann, komme ich zur Wiener Aufführung sehr gern; aber ob ich kann, wissen die Götter. Ich wünsche Ihnen und den Ihrigen ein gutes 1897; und grüßen Sie mir auch meinen Freund Hoffmannsthal sowie die Teplitzer Stadtväter.
Ihr
O.B.