Adele Sandrock an Hermann Bahr, 27. 7. 1894

Freitag. 27/7. 94.

Liebster bester Hermann!

Herzinnigen Dank für liebe Briefe. Kind – ich fliege – ich kann nicht schreiben – der Moor thut bei mir derart seine Schuldigkeit daß ich rasend bin. – Ein Glück daß Thuri nicht in meiner Nähe ist – der könnte sich gratuliren. Ich finde das nun charmant von Dir daß Du wachen und lauern willst ob das süße Vieh mir treu ist. Hermann ich kann es nicht glauben, daß der Mann den ich so abgöttisch liebe mir untreu werden sollte. – Nein – das liebe süße Kind hat doch wohl zu viel Charakter. Dir kann ich es ja sagen – ich liebe diesen Menschen rasend – wie eine wüthende! – Was macht Dein Nervencostüm? Ich trinke hier Alles – nur keinen Kreutzbrunnen. Meine Stimmung ist sentimental – geradezu lächerlich – hohnerregend für normale Menschen. Zum Glück komme ich mit Niemandem zu sammen. – Willy ist bereits irrwitzig. Um 4 Uhr Morgens sperrt sie den Brunnen auf – und geht täglich 10 Stunden, sie ist bereits ein Scelett! –
Ich werde dick, dumm, faul gefrässig. Kind – ich möcht Dich bald seh’n. Am 5 Au Ojust komme ich auf zwei Minuten nach Wien – dann werd ich Dich aufsuchen. Spitzest Du schon das Federchen für das Blättchen? – hi hi hi hi – die Leutchen werden nicht lachen. – Kind Mama Kristel und Dein geliebtes Wiltsch grüßen Dich herzlich
noch mehr aber Dein
treuer Freund
Adèle.
Schreib mir bald und viel! –