In ganz unsagbarer Aufregung richte ich diese Zeilen an Sie, über die Sie ja vielleicht
lachen werden, aber ich gestehe Ihnen, dass ich gottesjämmerlich geweint habe und
noch weine. Nur um ein Verfahren vor Ihnen zu rechtfertigen, das ich genöthigt bin,
gezwungen sogar, anzuwenden. Das Erscheinen der heutigen »
Zeit« brachte mir statt der so lange erhofften Freude einen so intensiven Verdruss, dass
ich noch jetzt vor Wuth am ganzen Leibe zittere. Es hat nämlich jemand, da
leider,
leider Herr
Bahr abwesend ist, meiner Arbeit den bösen Dienst mehr als geschmackloser Correcturen
geleistet und zwar nachträglich, das heißt,
nachdem der Correcturbogen von mir als
endgiltige Form der Arbeit abgesandt war. Nicht nur, dass ich die Berechtigung zu dieser Handlungsweise jedem noch so vorsichtigen Schriftleiter bestreite,
bin ich außer mir darüber mit meinem künstlerisch noch unbescholtenen Namen mehr als
andere, als unvermeidliche eigene Geschmacklosigkeit decken zu müssen, wie unter anderm
die Zerstörung einer meiner besten st
yl
istischen Wendungen bezüglich der »
grausamen Fülle«. Aber insbesondere das künstlerisch geradezu unsühnbare Verbrechen, meine Arbeit
auf eigene Hand und
ohne mein Wissen »
eine Parabel« zu nennen, wo ich mit
wohlerwogener Absicht überhaupt keine Bezeichnung hingesetzt habe, meine Arbeit aus einer naiv-bedeutungsvollen
Sphäre in die einer lehrhaften zu schubsen – –
× was kann ich dazu sagen? Ich habe keine andere Waffe als die, morgen Sonntag mit
dem Frühesten einen Rundgang durch alle wichtigen Kaffeehäuser,
Pucher,
Scheidl u. s. w. zu thun, und dortselbst die mir aufoctroirten Correcturen in den aufliegenden
Nummern der »
Zeit« auf eigene Hand mit Blaustift auszumerzen und dazu ganz ehrlich und offen meinen Namen zu unterschreiben. Ich will eben mit der Redaction
der »
Zeit«
keine Differenz haben wo ich eigentlich dem Himmel d. h. Herrn
Bahr und Ihnen so herzlich und bestens für die Aufnahme meiner Arbeit danke. Wenn es irgendwie
Unannehmlichkeiten geben sollte, was ich kaum glaube, da ja für andere eine Lappalie,
was mir bei meinem Debut eine Staatsaction ist – Sie werden mich verstehen und entschuldigen,
wenn nicht rechtfertigen.
Ich wünsche gar
nicht zu wissen, wer sich – in der besten Absicht gegen mich vielleicht – so unliebsam
meiner Arbeit angenommen hat, dass ich an dem Erscheinen derselben so gar keine Freude
mehr habe. Durch die Redaction selbst ist ja keine Redressur möglich, deshalb – so
weit es geht – versuche ich auf eigene Rechnung, was leider ziemlich wenig helfen
wird, da ich nicht die ganze Abonnentenliste der »
Zeit« damit behelligen kann. Allein ich bitte Sie, lieber, guter Herr Doctor so herzlich
ich kann, dafür zu sorgen, dass die literarischen Kreise, an deren Urtheil mir ja hauptsächlich liegt – ein wenig von der Vergewaltigung erfahren, die meiner
literarischen Ehre angethan wurde! Ich bitte Sie, lieber guter Herr Doctor vielmals
um diese Gefälligkeit, soweit sie natürlich Ihnen nicht unbequem ist – und wenn Sie
mich ein bisschen lieb haben und mir beistehen und helfen wollen wie schon so oft,
so werden Sie mir diesen
innigen Wunsch erfüllen. Ich bitte nochmals! Herrn
Bahr will ich für Jetzt damit noch nicht kommen aber es folgt schon noch, und ich bin
überzeugt, dass es ihm nicht gleichgiltig sein wird, wie man mich behandelt hat. Nicht wahr,
Sie missverstehen mich nicht und sind nicht sehr böse auf mich? Sie sind doch so gut!
Viele viele dankbare Grüße
ElsaPlessner