7/8 S. Vm., in der immer gleichen Hitze (was für ein Sommer heuer! schön eigentlich)
mit
O. Dornbacher Park,
Rohrerhütte (wie immer jetzt z. Th. mit dem Fiaker von
Julius).–
Den
Marsyas (Correctur, von
Bahr geschickt) zu Ende gelesen, und anschließend daran
Notizen geschrieben, eine graphische Erklärung den Unterschied zwischen Künstler und Literaten betreffend, gefunden, die mich sehr
beruhigte.–
Bahr Abend da, lang mit ihm und
O. auf dem Balkon, dann
Türkenschanzpark – Über den
Marsyas; Literaten, Künstler; er fand dass nach meiner Definition
Hugo der typische »Literat« sei, ich konnte aus meiner Graphik das Gegentheil beweisen.–
Weiteres über
Hugo: Er . . . Ein Mensch, der das Gesicht seiner Frau nicht kennt . . . Ich: Nein. Er wird vielleicht einmal etwas schreiben; aus diesem Werk wird ihm eine
Gestalt entgegentreten,– es wird seine Frau sein, so scharf umrissen, als hätte er
sie ein Leben lang studiert. Menschen dieser Art sehen gerade so gut wie andre – aber
sie bewahren die Sinneseindrücke sofort, oft, in irgend welchen Tiefen, von wo sie
zu rechter Zeit (Production) hervorgeholt werden – und wären wir im Stande, in eine
solche Seele bis in jeden Winkel hinein zu leuchten, so würden wir sehen, dass alle
Eindrücke bewahrt sind – Landschaften, an denen sie anscheinend vorbeigegangen sind,
ohne sie zu sehen;– Vergleich mit den Hysterischen, die im Anfall eine Sprache sprechen,
die sie vor 10 oder 20 Jahren ohne sie zu verstehn (als Stubenmädchen eines Gelehrten)
gehört haben.– – Über
Trebitsch, inwiefern er über seine Talentlosigkeit aufzuklären wäre.–
Bahr war jetzt mit ihm in
Bayreuth.–
Die
Sandrock, die im nächsten Jahr ans
Jubiläumstheater kommt – und jetzt in
Ischl die
Carmen und
Gretchen singen soll?–
Bahr wußte vom
Antrag
Benedikts an mich – wer hat es verbreitet?–
Bahr’s letzter Besuch bei
Herzl in
Edlach, 8 Tage vor seinem Tod.– Wie sie (beide von
Ortner zum Tod verurtheilt) darüber scherzten, wer früher fort müsste . . . Das seltsamste (nicht neue): Dieser Mensch (wohl bedeutend zu nennen, Weltruhm, Staaten
gründen wollend, von Millionen beweint, da er starb – Juden in
Odessa sperrten die Geschäfte, wie die Todesnachricht kam – wurden von Kosaken aus der Synagoge
getrieben) – dieser Mensch sprach an diesem Sonntag, eigentlich mit dem Tod vor Augen,
hauptsächlich davon wie ungerecht es sei, dass er, ein Künstler 1. Ranges, als Künstler
2. Ranges gelte, das müsse revidirt werden – war geärgert, dass der –
König Harlekin von
Lothar überall gespielt werde – und sein letztes Wort,– nachdem sie,
Bahr und
Herzl sich lang, die Hände in einander – ernst zum Abschied angesehn (»Es ist doch gut,
daß Leute wie wir am Ende wissen, wie sie zu einander stehn«) sein letztes scherzendes
Wort war: »Sagen Sie
Lothar, es geht mir glänzend, ich werde 70 Jahre alt –«
– Über
Altenberg. Seine »Freunde« veranstalten eine Versammlung, wie ihm zu helfen sei (Krankheit,
Noth) – er selbst wohnt bei. Plötzlich, nach verschiedenen Reden steht Frau
Loos, früheres Frl.
Obertimpfler, hübsche Schauspielerin auf und sagt: . . . »Man soll ihm gar nicht helfen . . . Es ist schön, wenn solche Leute jung sterben . . . u. s. w.« Da ergrimmt
Peter Altenb. und schreit. »Ich will aber nicht sterben, ich will leben . . . etc.« (Kostbare Scene für das »
Literatenstück«.) –
Sein
Brief an
Hugo nach der
Elektra, nach dem absprechd.
Feuilleton von
Goldmann, endend. »Ein Jude kann dieses Stück nicht verstehn . . . « Er selbst Jude,
Hugo von jüd. Abstammung, der
Direktor ein Jude, die stärksten Lober Juden – Irrsinn des Antisemitismus . . .