Aufzeichnung von Hermann Bahr, 5. 11. 1908

5. 11 Herr Baum holt mich im Continental ab, ins Vereinhaus, Hirschengraben, Goethehaus, ins neue Viertel der Bockenheimer Villenvorstadt, zur Ausstellgshalle von Tiersch, der überhaupt hier sehr viel baut. Zum bedeckten Himmel paßt das sanfte Rot des rohen Sandsteins, in welchem die meisten Häuser hier sind.
1Abends nach der Vorlesg über Schnitzler (××××× 1600 Personen) mit ein paar Leuten, darunter eine Frau Mennzel, alt, Goethe-Enthusiastin, Ur-Frankfurterin, stolz auf die »kleinen Familien«, zu denen Goethes gehörten. Erzält reizend von Malcesine, wo sie kürzlich Goethe nachgegangen ist. Ihre komische Wut auf Brandes, der in einem Vortrag über Voltaires Verhaftg in Frankfurt sich unehrerbietig über den Frankfurter Senat geäußert. Hofmannsthal mag sie nicht: er »seufzt« mir gar zu viel.