Arthur Schnitzler an Hermann Bahr, 14. 12. 1909

14/12 09

mein lieber Hermann, bei Berliner Gelegenheit einmal Halle mitzunehmen hab ich mir längst vorgenommen – nur fügt es sich immer so schwer, weil man ja viel früher einen bestimmten Vorlese-Tag fixiren muss als man den Berliner Premièrentag weiss. Und mir persönlich macht weder das Zweck-Reisen noch das Vorlesen (in großen Räumen) sonderlich viel Spass. Aber wir wollen sehen. Deine Gicht aber laß dir lieber von einem Dichter als von einem Oberingenieur behandeln – (nur nicht von einem Arzt natürlich) Ich stehe dir stets zur Verfügung – und hoffe medizinisch schon genug vergessen zu haben, um dir nicht empfindlich zu schaden.
Ja, wenn ich eine lustige Novelle hätte! Und nun gar eine kurze! Mit dem Gegentheil kann ich dienen: Tragoedie in 5 Akten und einem Vorspiel aber die eignet sich eher zum Aufgeführtwerden (Wie du schon daraus ersehen kannst, dass es mir nicht möglich ist, von Schlenther sowohl als von Reinhardt eine endgiltige Entscheidung zu kriegen.) – Die Comtesse Mizzi wird nun doch nicht zu deinem »Concert« gegeben, der Abend würde zu lang, schreibt Brahm. Dabei hatt ich schon an den Münchner Speidel schreiben lassen, er möchte auch womöglich die zwei Stücke zusammen spielen. Nun hat Speidel aber die Comtesse wegen Frivolität, Kinderkriegen und Liebhaber-haben refusirt.
Die Hoffnung dich wieder einmal zu sprechen, geb ich noch immer nicht auf. Vielleicht auf dem Semmering. Und dass du den Leuten allerorten so viel von mir erzählst, dank ich dir von Herzen. Wir grüßen alle aufs beste und wollen auch Deiner verehrten Frau empfohlen sein.
Dein getreuer
Arthur.