Erst heute kann ich Ihnen, liebe verehrte gnädige Frau, sagen, wie tief mich der
Tod
Hermann Bahr’s berührt hat und Ihnen ein Zeichen meiner innigsten Teilnahme senden. So viel stieg
auf aus vergangener Zeit, heitere und schöne Zusammenkünfte des entschwundenen Freundeskreises,
– das alles wandelte wieder an mir vorüber, – bis zu jenen Spaziergängen in
Salzburg, im Jahre 21, wo er mich, gütig und ritterlich, aus meiner Einsamkeit zuweilen zu
Spaziergängen holte und unter tausend heitern und weisen Worten auch von seinem Tode
sprach, – der ihm oft so nah erschienen war.
In diesen letzten Tagen habe ich, ihm zu stiller Gedenkfeier, alles durchgelesen,
was von ihm und über ihn hier vorhanden ist. Wie sprüht das alles von seltener Erlebniskraft
von Humor, Generosität des Herzens, Bereitschaft für den Andern, wie will er Jeden zu seiner höchsten Leistung aufstacheln! und so sagt er auch einmal:
»Mir scheint, ich bin der Ehrgeiz meiner Freunde . . «
In welch wunderbar gesteigerten Zustand gerät er im Jahre 1904 – wo er sich »
mit Leidenschaft auf das Hören von Musik geworfen« – wie schöne spontane Dinge schreibt er damals an Arthur über den
Tristan, die
Walküre, – »
vielleicht wird man so ganz transparenter Seligkeiten erst im Angesicht des Todes
fähig.«
Welche magische Wirkung haben Ihre Gestalten damals, – und nicht auf ihn allein, –
ausgeübt.
Verehrte wunderbare Frau, wie reich ist alles Vergangene in Ihrer Beider Leben,– so
überreich, dass es – sind einmal die ersten schweren Schatten gewichen, – Trost und
Stab und Besitz sein wird.
Ich wünsche mir sehr, Ihnen wieder einmal zu begegnen und Ihnen zu sagen, wie sehr
ich Sie verehre, bewundere und liebe.
Ihre
Olga Schnitzler