sehr gern und mit großer Freude schreibe ich über den »
Reigen« und natürlich so bald als nur irgend möglich. Wann, das weiß ich freilich nicht
und bitte Dich, damit nicht irgend eine Verstimmung herauswächst, folgendes zu bedenken.
Ich muß diese Woche sechs Mal ins Theater gehen und soll drei Feuilletons schreiben,
»
Die Duse«, »
l’altro pericolo«, »
Braut von Messina«, u. eigentlich auch noch eins über die »
Secession«. Du hast aber keine Ahnung, wie mich der Theaterbesuch jetzt aufregt u. wie unsinnig
mich die geringste Arbeit anstrengt. Gestern habe ich außerdem wieder einen Anfall jener Herzbeklemmungen bekommen,
diesmal auch noch mit solchem Schwindel verbunden, daß ich den Nachmittag nur auf
dem Sopha ausgestreckt, die Augen fest geschlossen, beide Hände auf die Schläfen gedrückt
zubringen konnte, immer mit dem Gefühl, es ist ja doch alles aus und ich werde niemals
mehr gesund. Unter diesen Bedingungen arbeite ich jetzt und darf daher eigentlich
gar nichts versprechen, weil ich mich bei jedem Feuilleton wundere, wenn es schließlich
doch fertig geworden ist.
Ferner mußt Du auch wissen, daß die Redacteure des
Neuen Wiener Tagblatt (
Wilhelm Singer und den braven Herrn
Epstein ausgenommen) einen Bund bilden, dessen einzige Sorge es zu sein scheint, auszusinnen,
was etwa geeignet wäre, mich zu ärgern, und dies mit der Behendigkeit von Affen sogleich
ins Blatt zu setzen. Daß gegen Dich noch nicht eine ungeheuerliche Gemeinheit verübt
worden ist, wundert mich schon lange. Geht sie vielleicht gelegentlich des »
Reigens« los, so vergiß nicht, daß sie, zwar an Dir executiert, aber Dir gar nicht zugedacht
ist.
Bitte, schicke mir gleich ein Exemplar des »
Reigens«. Meines ist nemlich confisciert worden, von der Censur. Das heißt: Der Herr Hofrath
Jettel hat es sich bei mir ausleihen lassen und ich habe es niemals mehr zurückbekommen.
Das Incohärente dieses Briefes mußt Du meinem Zustand vergeben. Wie ich nur Zeit habe,
fahre ich zunächst zu
Julius, der einmal doch mein Herz ordentlich untersuchen muß.