Hermann Bahr an Arthur Schnitzler, 5. 2. 1904

5. 2. 04

Lieber Arthur!

Mich berührt natürlich der Fichtner am meisten, in welchem ich unheimlich viel von mir finde (meine Sachen ließen sich kritisch gar nicht besser bezeichnen als damit daß ich mich leider auch in ihnen sozusagen nur vorübergehend aufhielt). Ich verstehe auch das Verhältnis Julian – Wegrath, ebenso das Julian – Felix so gut, während ich mir das Sala – Johanna nicht ganz erklären und mich darin nicht zurechtfinden kann. Außerdem mischt sich jetzt bei mir Persönliches in alles, so die Neugierde, die mich plagt, ob Sala nicht vollkommen meinen Herzzustand hat und wie der Arzt dann denn doch seinen Tod fast auf den Tag zu wissen glauben kann – was sehr albern von mir ist.
Kritisch möcht ich sagen: Daß in dem Stück viel mehr angeschlagen und aufgeregt als zuletzt ausgelöst wird, was ich weniger problematisch als musikalisch meine. Für mein Gefühl ist das Stück aus, bevor es seine Stimmungsmotive naturgemäß hat aus- und ablaufen lassen.
Prachtvoll find ich den Cassian und bedaure nur, daß die blöden Deutschen für solchen arglosen und rein sinnlichen und darum künstlerisch reinen Humor nun einmal keine Organe haben.
Da ich mich sehr schlecht fühle, ist es möglich, daß ich schon sehr bald hier weggehe, vielleicht nach Abbazia. Jedenfalls lockt mich der Gedanke, Dich im April in Taormina zu finden, sehr. Hoffentlich.
Grüß Deine Frau, Brahm, den stark von Reinhardt bekümmerten Trebitsch und – ich wär sehr froh, wenn der »einsame Weg« ein großer Erfolg würde!
Herzlichst
Hermann