Hermann Bahr an Arthur Schnitzler, 18. 1. 1909

Wien XIII/7
18. 1. 09

Lieber Arthur!

Danke schön für Deine so liebe Karte. Ich komme eben vom Semmering (wo ich übrigens Deinen Bruder Julius stolz im Nizza Express vorüber sausen sah), hab einen scheußlichen Hexenschuß, sitz in einem durch Überschwemmung aus einem geplatzten Wasserrohr fast demolierten Haus und soll in zwei Tagen nach Dresden zur Strauß-Elektra-Première, weshalb ich, Dir herzlichst für Deinen guten Willen dankend, Dich bitten muß, Deine so liebe Absicht erst auszuführen, bis ich nächste Woche von Dresden zurück, halbwegs in Ordnung und auch mit den drei letzten Kapiteln meines neuen Romans aus dem Rohesten bin, worauf ich anzufangen hoffe, wieder einem Menschen zu gleichen.
Ich freue mich unendlich auf Dich, ich hab Dir ja so viel, so viel zu sagen und manchmal ist mir schon ordentlich bang nach Dir. Nur hat sich mein Leben allmälig so merkwürdig gestellt, daß ich mir schon wirklich nicht manchmal vorkomme, nicht mehr auf der Erde zu sein, sondern nur noch ein hinten her, neben bei irgendwo mitsausendes, nachwirbelndes Gehängsel!
Grüß Deine liebe Frau herzlichst von mir, auch den Sohn, Herrn Sohn muß man jetzt wol bald schon sagen.
Herzlichst
immer Dein
Hermann