Meine geliebte Mizi, gestern sind meine Erwartungen getäuscht worden, heut Nachmittag aber hab ich wieder
einen Brief von dir bekommen, und meine Stimmung hat sich entsprechend gehoben. Ich
will mich weniger officiös ausdrücken: deine Briefe sind engelhaft wie du selbst und
ich küsse dich für jedes Wort tausendmal, auch für die Worte, in denen du mir dein
Leid klagst und antisemitische Excesse begehst. Nun, zu deiner Abneigung gegen die
fürstliche Familie beglückwünsch ich dich; halte an ihr fest (an der Abneigung.).
Ich freue mich sehr, dass dir die
Goethe Gespräche so gut gefallen – ich hab’ es gewußt; es ist ein so warmes und tiefes Buch wie wenig andre. Nach dir will ich es wieder lesen,
und zwar aus deinem Exemplar – wenn du so gut bist, mir’s zu leihn, mein Mizl!–
– Ich hingegen habe gestern das
Stück des kleinen
Pserhofer genossen, welches eine Widerlichkeit hohen Ranges vorstellte. Nachher gab man die
Cavalleria mit einer merkwürdg guten Santuzza vom
Landesth.in Prag (Frl.
Pagin.) – Heute Vormittg, Schatz, hab ich die
Geschichte von dem greisen Dichter endlich abgeschlossen, noch einiges gestrichen und bereits an
Bahr gesandt, (dessen
Frau, von mir noch nicht gesehen, sich auch in
Ischl aufhält). In der früh bin ich nach
Laufen Bicycle gefahren. Nachmittag las ich diverses – wollte wieder nach
Strobl; doch kam ein Gewitter mit heftigem Regen, der noch anhält; nun bin ich in den Pensionsräumlichkeiten
umhergewandelt und habe mit einigen Menschen geplaudert,
Beer Hofmann,
Paul Schönthan, Frau Dr.
Kapper, Frau Dr.
Hirschler, etc.; jetzt eilt ich in mein Zimmer herauf, meiner heftige Sehnsucht nachgebend,
dir, du süßes einziges Wesen, näher zu sein. Ich kann nicht läugnen, dass meine Sehnsucht in solcher Art
nur mäßig beschwichtigt wird, und kann dir gar nicht sagen, wie unendlich ich mich
nach deiner Wirklichkeit, nach dir, dir, dir sehne und wie ich den Moment herbei wünsche,
wieder mit dir vereint zu sein.– Mein Zimmer ist nun leidlich in Ordnung, und so weit
ganz behaglich. Wunderbar ist’s, dass ich in diese stillen Dependance lebe und nicht
zum mindesten, dass an mein Zimmer ein kleiner Nebenraum stößt, in welchem meine Koffer
u. Taschen Platz haben, so dass ich die Illusion eines »Heims« genieße.– Aber dich möcht ich
da haben, da wäre die Illusion doch noch etwas vollkommener;– Heut sinds acht Tage,
dass wir uns zum letzten Mal gesehen haben. Hat Frau Dr.
F. noch was gesagt? War man sehr erstaunt, dss ich nicht auf ein »paar Tage« hinüber
gekommen bin?– Für die entsetzliche Erfahrung, für deinen Vater gehalten worden zu
sein, hab ich hier bereits vollgiltige Revanche erhalten! eine Dame sammt Tochter
haben mich für 24 gehalten, was ihnen nie vergessen werden soll.– Ich schließe, um mich, zur Abwechlsung,
fürs Theater bereit zu machen – werde mir
Hänsel und Grethel vergönnen,– die es gießt noch immer. So sag ich dir denn, mein angebetner Schatz,
für heute Lebwohl, küsse dich innig, und bin in unsagbarer Zärtlichkeit der Deine,
ganz der
Der
Portier legt die für mich bestimmten Briefe jetzt in mein Zimmer, das nur ich betrete.