Richard Beer-Hofmann an Hermann Bahr, 12. 7. 1904

Aussee 12./VII. 04.

Lieber Hermann! Ich hab Sie nicht drum beneidet, dass Sie zu Herzls Begräbnis haben gehen müssen. Mich hat die Nachricht in Salzburg getroffen. Ich habe erst jetzt bemerkt wie starke Sympathieen zwischen ihm und mir all diese Jahre latent waren. So oft wir uns – immer in langen Zwischenräumen – trafen, in Wien, in Ischl, Aussee – zuletzt am Abend des Hagenbundes drehte sich das Gespräch darum – warum wir eigentlich miteinander nicht mehr verkehrten. Ich erklärte ihm immer von Neuem wie sehr – abgesehen von unsern so gründlich verschiedenen künstlerischen Anschauungen – wie sehr der Ton seiner Rede der überlegen, oder auf die Schulter klopfend war, es mir unmöglich mache oft mit ihm beisammen zu sein. Er erklärte lächelnd sich bessern zu wollen, schickte mir Tags darauf zwei Bände seiner Feuilletons, und wollte dass ich – zwei Tage später – mit meiner Frau bei ihm speisen sollte. Ich sagte ihm ab, geärgert durch das gerade erschienenene Hagenbundfeuilleton das mir begreiflich machte, wie unmöglich wir uns künstlerisch verständigen könnten, auch deshalb weil ein unbekannter französischer Bildhauer auch dabei sein sollte, zuletzt auch vielleicht ein wenig beeinflusst durch Hugos Eifer der mir zu beweisen versuchte was für gesellschaftliche Pflichten ich mir (zu meinen vielen andern!) da auf den Hals lade, wie schon ohnehin alle möglichen Leute zu mir kämen etc. Zwar schrie ich sofort »Namen nennen!« zwang Hugo zu feierlichem Wiederruf, gab ihm das »alle mögliche« zurück, aber schließlich gieng ich nicht, und fühle jetzt – kindisch – fast Reue, als hätte diese eine Zusammenkunft irgendetwas Wichtiges bedeuten können.
Der N. Fr. Pr. habe ich nicht condolirt. Sie mussten es als College, Arthur als – wenn auch sparsamer – Mitarbeiter; mir war es widerwärtig ohne Zwang mich in die Gesellschaft der Genanntwerdenwollenden zu begeben. Ich habe seiner Frau und der Mutter condolirt.
Burckhardt sprach ich einmal, er dürfte schon in St. Gilgen sein. Vielleicht können Sie doch um 15. herum auf ein paar Stunden zu uns hierher kommen? Ich möchte mich sehr freuen. Geht es aber durchaus nicht dann teilen Sie es doch so ein dass wir uns nach Bayreuth hier oder in Salzburg – lieber hier – sehen können.
Ich, Paula, und Mirjam grüssen Sie von Herzen
Ihr
Richard