Siegfried Trebitsch an Hermann Bahr, 22. 1. 1904

Wien, 22. 1. 04.

Liebster Herr Bahr!

Also jetzt wirds Ernst. Sonntag Abends reise ich nach Berlin W. Rankestrasse 20 Pension Westpalast. Am 30. dies od 2. Feber ist die Première: Schlachtenl. und Schwester B. Besetzung: Sorma, Reinhardt, Wassmann, Arnold. 14 Tage (ungefähr) später »Candida«.
Gleichzeitig erhielt ich einen Brief aus dem Berliner Th., dass dort Mitte Feber der »Teufelskerl« herauskommen soll. Ihre Aufträge für Berlin werde ich nicht vergessen, seien Sie davon fest überzeugt. ich werde über die Schnitzler Première nach alledem in Berlin bleiben, was mich ganz besonders freut, denn »Der einsame Weg« ist ganz einzigartig schön! Arthur S. hat die Absicht (verrathen Sie mich um Gotteswillen nicht!!!) Sie auf der Reise nach Berlin zu besuchen um Sie u. a. auch zu unserer und seiner Beruhigung zu untersuchen, da ihm Ortner den Fall doch etwas zu schwer zu nehmen scheint. ich möchte Sie nach Berlin, mit Schimpf und Schande und Neuigkeiten beladen, besuchen. Soll ich? Da ich Ihrer Frau nun nicht mehr werde telephoniren können, bitte schreiben Sie mir ab und zu eine Zeile über Ihr Wohlbefinden.
Weitere Neuigkeiten: Redlichs lassen Sie vielmals herzlichst Grüßen.
Fritz Wärndorfer hatte Lungenentzündung; ist aber seit gestern außer Gefahr! Frau Weiss, die den Gang einer verbannten kleinen Königin hat, lässt Sie vielmals grüßen, Sie verlässt sich ganz auf den Eindruck, den Sie ihr gemacht haben und ist von Ihrer baldigsten vollständigen »Genesung« fest überzeugt. ich gratulire Ihnen zum großen Ha mburger »Meister«-Erfolg. Unlängst sprach ich Jarno, der Sie auf seiner nächsten Reise nach Paris auch besuchen will; es verstimmt mich dass er mit den »Helden« so lange und so gerne zögert. ich war sehr fleißig, der Roman ist bis zur Hälfte gediehen und das Stück möchte ich in Berlin zuende führen, d. h. Durchsieben und Feilen. Bitte fragen Sie nicht »was noch«? ich weiß wirklich nichts mehr als die Frage: wie geht es Ihnen????
Mit den herzlichsten Grüßen und Wünschen, bin ich
Ihr sehr aufrichtig getreuer
Siegfr. Trebitsch