Hermann Bahr: Burckhard und Fulda, 20. 1. 1893

Burckhard und Fulda.

Wir haben neulich die Erklärung des Herrn Fulda gegen das Burgtheater und die Antwort des Directors Dr. Burckhard mitgetheilt. Die widerliche Angelegenheit, in der alles gute Recht für die Direction und wider den hochmüthigen, erweislich unaufrichtigen und gegen den Vater seines Ruhmes so undankbaren Autor steht, wäre damit erledigt, wenn sich nicht die kleine, aber desto lautere Clique des Berliner Literaten, das lärmende Rudel von Verkannten aus den Berliner Cafés Bellevue und Kaiserhof, in ihrem Blättchen krampfhaft bemühte, sie zu einer »Sensation« aufzubauschen. Auch ein gelesenes Journal, die Münchener Allgemeine Zeitung, ist einem solchen Selbstberichterstatter auf den Leim gegangen, und das sonst ernsthafte Blatt bringt einen sehr scurrilen Artikel, der gleich die Boycottirung der Wiener Burg durch die deutschen Autoren verlangt – »deutsch« heißt hier: vom Leipziger Platze bis zur Mohrenstraße. Wer den zudringlichen Eifer kennt, mit dem die Berliner Fabrikanten dramatischer Producte und ihre »Reisenden« bei jedem eventuellen Director der Burg unabweislich hausieren, weiß, wie wenig leider diese so verlockende Drohung ernst zu nehmen ist; Herr Fulda, der in Wien erst für die außerkaiserhofische Welt entdeckt worden ist, ganz wie Herr Hauptmann von Director Burckhard aus den Coulissen der »Freien Bühne« in das helle Licht des ersten deutschen Theaters gezogen wurde, wird sicherlich selber der erste sein, der mit seinem nächsten Stücke wieder betteln kommt Aber vielleicht merkt Herr Director Burckhard die Lehre und erinnert sich, daß es auch in Wien Dichter gibt, wenn sie freilich nicht Misch und Moser, sondern nur Nissel und Saar, Schwarzkopf und Karlweis, David und Schnitzler heißen.
H. B.