21/6 S. Vm. bei Bahr, der mir sein neues Buch »Rezensionen« gewidmet hatte.– Über sein und Reinhardts neues Theater in Wien (Zukunft); Dilly Sandrock (Engagement und Thorheit, Herr Oesterr.), über Burckhard der sich krank fühlt, bei sich Arterioskl. vermuthet.– B. als Hypochonder der das Weltbild stört.–
Bei O.– Dumpfe schwere Stimmung, die losbrach, sich in einem argen Streit entlud und endlich
in Thränen löste.–
– Irgend etwas in mir wühlt gegen sie, in größtentheils ungerechter Weise; offenbar
mein Egoismus, der sich ebenso gegen Gebundensein als gegen Sorgen sträubt. Und aus
diesem gewiss häßlichen Gefühl heraus empört mich jedes Wort von ihr, das eine nicht
vollkommene Zufriedenheit oder Unzufriedenheit mit ihrem Loos verräth.– Es gibt nur
einen Weg: mich beherrschen lernen. Denn dieses innre Wühlen dürfte nicht ganz aufhören
– ehe ich wieder wirklich arbeite, ein Mensch bin, vor dem ich selbst einigen Respekt
habe. Jetzt bin ich weit entfernt davon.–
– In diesem Zusammenhang muss ich auch wieder meines Gehörs denken, das kläglich zurückgeht
und des unentwegten Sausens.
Kommentar
neues Theater] Die beiden verfolgten ein schließlich nicht realisiertes, länderübergreifendes Theaterprojekt.
Überlieferung
Druck 1
Arthur Schnitzler: Tagebuch 1903–1908. Hg. Susanne Pertlik und Reinhard Urbach hg.
v. der Kommission für literarische Gebrauchsformen der Österreichischen Akademie der
Wissenschaften, Obmann: Werner Welzig Unter Mitwirkung von Peter Michael Braunwarth.
Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 1991.
Wien (K.K. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien, Bécs, Land Wien, Vídeň, Wenia, Beč, Vindobona (Wien), Vienna)
Zitiervorschlag
Tagebuch von Arthur Schnitzler, 21. 6. 1903. In: Hermann Bahr – Arthur
Schnitzler: Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente (1891–1931).
Hg. Kurt Ifkovits, Martin Anton Müller, Stand 27. 9. 2024, https://hdl.handle.net/21.11115/0000-000E-890C-B.