Arthur Schnitzler an Heinrich Schnitzler, 13. 4. 1929

Wien, 13. 4. 1929

Mein lieber Heini, um vor allem deine Reisefragen zu beantworten: Faakersee kenn ich nur vom Vorbeifahren; Thaller hat dort eine Besitzung; liebliche, nicht sehr aufregende Landschaft. Veldes etwa ebenso; dort bin ich als Knabe, Knäbchen . . gewesen, mit den Eltern, nur ein paar Tage lang – zu längerm Aufenthalt wohl nichts. Ich glaube, dass es in Dalmatien, wenigstens an den Küstenorten nicht heißer ist als an den Kärntnerseen; – und ich würde unter diesen doch nur den Wörther See und zwar das gegen Norden offne Veldes wählen (wo es überdies schöne Wälder gibt). – Vent, mir unbekannt, höchstes Dorf Oesterreichs –?, – soll sehr schön sein; ich glaube Wohlgemuts wohnen dort gewöhnlich in den Ferien . . . Stubaithal sehr reizvoll, wie auch andre Brennerorte, wie Matrei u. dgl (nicht Windischmatrei, das übrigens sehr schön sein soll, – nahe Lienz, u ich glaube 1400 meter hoch.) –
Wegen Jessner bin ich unbesorgt; – soweit es dich anbelangt. – Sein Schicksal ist mir gleichgiltig. –
– Ich fühle mich nur mäßig wohl; – und im seelischen gar nicht. Der Frühling thut meinem Herzen besonders weh. Arbeite wenig; nichts wird fertig. –
Meine Berliner Angelegenheiten ruhn. Erstens hat Lyonel für den »Weg« noch nichts gezahlt; – zweitens hab ich natürlich auch von Conny nichts mehr gehört (dessen zweiter Berliner Film wie ich lese auch schon feststeht). – An neuen Menschen mangelts nicht; manche von ihnen sind anregend, und man fühlt zuweilen, dass in manchen Gegenden, – seelisch genommen – eine Art nachwelthaften Interesses für Einen besteht – an dem man doch noch in verhältnismäßiger Lebendigkeit Freude haben kann. –
Im Burgtheater spielt nächstens Balser den Puppenspieler, – gemildert durch den Faun von Bahr und die schönen Seelen von Salten. –
Neulich ein Concert (Billrothfeier), in dem Backhaus das B dur Concert von Brahms sehr schön spielte.
Grüß mir Ruth mein lieber Sohn und sei innig umarmt.
Dein
Vater.