Arno Holz an Hermann Bahr, 18. 1. 1916

Berlin W. 30. Stübbenstr: 5. 18. I. 1916

Lieber Hermann Bahr!

Lesen Sie, bitte, das nachstehende »Zum Geleit«. Es hatte als einzelnes, loses Blatt meinem »Phantasus« eingefügt werden sollen, dessen Erscheinen – im Insel-Verlag – bereits für Weihnachten 1914 geplant war. Durch den Krieg mußte der Satz unterbrochen werden, und es ist nun vollkommen ausgeschlossen, daß das fertige Werk – 350 Seiten in diesem Formatvor frühstens nächstem Herbst erscheint. Was aber bis dahin? Ich bin buchstäblich am Rande! Alle Türen, an die ich wieder mal pochte, blieben verschlossen. Steckte aber doch mal einer aus Versehn oder Neugierde seinen Kopf raus, so lautete die stereotype, billige Ausrede »die allgemeine Lage«. Als ob die betreffenden lieben Leute vor dieser »allgemeinen Lage« auch nur um Haares Breite anders gewesen wären! Ich gehe diesmal wirklich und rettungslos vor die Hunde, wenn man mir nicht hilft! Daß dies auf »öffentliche« Weise nicht geschehen kann, hat die total mißglückte Agitation zu meinem elenden »50ten« bewiesen! Was aber würden allein Sie und Schnitzler vermögen, wenn Sie sich bei geeigneten Leuten für mich persönlich und privat einsetzten! Ich denke nur an Ihren einen Wiener Rothschild! Wollen Sie’s versuchen und diese Zeilen auch Schnitzler schicken, den ich neben Ihnen für den einzigen Mann halte, von dem ich glaube, daß er mit seinem Herzen und seinem Hirn für mich einstehn könnte? So bitter es ist: hier, in meinem eignen, engeren »Vaterlande«rührt sich für mich nichts!!! Sie herzlichst grüßend, in alter Kameradschaft, Ihr
ArnoHolz.