Lieber, hier hast Du noch eine
Kritik von dem gleichen Herrn
Reinalter, der schon im
Volksblatt schrieb. Das ist hier der erste gestrenge Kritiker, ein
Wiener, – über mich schreibt er ganz richtig,– nur gegen
Aranyi ist er zu streng, der war genau so wie ich durch die wahnsinnige Hitze und verbrauchte
Luft gehindert, spielte aber doch ganz schön und hatte Beifall, ebenso wie ich. Ich
wurde dreimal herausgerufen.
Über den kleinen 17jähr.
Lausbuben, der in der »
Wacht«
schrieb, und mich am nächsten Tag tötlich verlegen und angstvoll, zu meiner Erheiterung,
grüsste, werd ich Dir und
Heini selbst erzälen.
Ja, aber das Unangenehme ist, dass seit einigen Tagen hier ein furchtbarer Wettersturz
ist,– nach drückend heisser Zeit, eine so plötzliche Eiseskälte, der Schnee liegt
bis auf 600 Meter herunter,– dass alle Welt verschnupft und ich heiser bin. Gestern
Vorm. versuchte ich zu üben und musste es sein lassen, bin Nachm. nicht zur
Mildenburg, sondern hab mir in meinem eisigen Zimmer alles Mögliche angezogen und mich in’s
Bett gelegt. Das Zimmer ist jetzt eine trostlose Eisgrube, ich sitze eben mit 2 Jacken
angetan in der Halle, wo’s doch ein bissel wärmer ist, weil ein Gaskamin brennt. Die
wenigen Zimmer mit Öfen sind besetzt,– ich hab es immer gesagt,– so ein Haus mit Centralheizung
ist eine herzlose Sache. Am 30. soll also mein Abend stattfinden, früher gehts leider
nicht,– ich hoffe, dass ich bis dahin wieder unheiser und disponiert bin,– stell Dir
meine Hyppochrondrie beiläufig vor. Heut ein klarer, kalter Tag, ich hab mich
früh rasch angezogen und mich im
Mirabellgarten in die köstliche Sonne gesetzt, in
Morzg im geheizten Stübel gegessen, zu Fuss in der Sonne zurück, auf einer Bank bis 4 Sonne
geschluckt,– ja, aber das Zimmer zuhause ist halt alleweil das gleiche.
Heut hätt ich bei der
Mildenburg meine Lieder singen sollen,– ich sing vor
Samstag–Sonntag keinen Ton! Ich war vielleicht zu fleissig.
Begegnungen mit Menschen: gestern Mittag in der Halle, nach meiner Besprechung mit
Paumgartner, der noch zugegen war,– kommt
Prechnerle daher, als ob nichts gewesen wär! Na Du glaubst es nicht, wie ich ihn, mit
Groszens Hilfe, beschimpft hab,– auch wegen der
Salten-Vorlesung,– er fing mit seinem Idealismus an,– da war’s
ganz aus! Zum Schluss sagt ich ihm meine ganze Meinung à propos Volk und Kunst und Partei
und Stagelgrün! und seinen Herrn
Nachfolger, der es nicht einmal der Mühe wert findet, mir ein Wort der Entschuldigung zu sagen.
Er will nun durchaus den Abend am 30. noch für seine Arbeiter haben, da hat er noch irgend ein Amt,– sowol ich als
Grosz haben schroff abgewiesen,–
Paumgartner macht den Abend für die Schülerlade des
Mozarteums.
Prechner will heut Abend nochmal mit mir sprechen.– aber es wird nichts dabei herauskommen.
Er ist ein
Hjalmar mit Deklamationsthema (en miniature) und lügt offenbar ein bischen.
Abends an meinem Tisch Herr
Metzl, Frl.
Zotos, Frl.
Kowo,– brr!
später Paumgartner u. Grosz ist das eine unheimliche Hex. Sie sprach recht ablehnend über
Specht,– er hätte die
Mildenburg »aus dem Sattel gehoben«, um selbst dram. Unterricht zu geben (?) als ich von seiner
oft bezeugten Verehrung für die
M. sprach,– sagte sie: »Ja, er hat verschiedene Gesichter.« Also, das mag ja wol sein,–
aber ich hielt doch nicht mit. Das Frauenzimmer ist gescheit, ich versteh nur nicht,
wie man sie ertragen kann.
Ich habe gestern offenbar eine besondere Stunde bei der
M. versäumt,
Bahr war zugegen, das brachte wol besondere Stimmung. Er soll sich gar nicht um seine
Frau kümmern ihr
e grosses inneres Unglück damit abtun: »Ja, warum kannst Du Dich nicht bescheiden«,
und im Übrigen ganz egocentrisch auf den Untersberg und in die Kirche gehen, als ein praktisch Unchristlicher – Das ist ja immer das
Unheimliche: wie sich die einander Nächststehenden nicht um einander kümmern. –
Eben sprach ich hier mit dem
Hotel-Director, der mir von den Heizcalamitäten erzälte, er wird im Winter vielleicht die Küche
sperren müssen,– selbst wenn ich ein Zimmer mit Ofen bekäme, er könnte mir’s nicht
heizen lassen,– Kohle im Schleichhandel auf 1 Kr. 40 das Kilo!– Ich werd aber ein
ungeheiztes Südzimmer beziehen.
Heut keine Post, gesten Dein lieber Brief mit der Schilderung des aegrirlichen
Unruh,– Du bist ein leuchtend woltuender Gegensatz zu dieser Art von Berühmtheiten, wir
sprachen abends alle von Dir, Du wirst sehr verehrt,– und
Paumgartner wünscht sich schon längst ein Bild von Dir. Bitte schick im eins,
der verdient es. Er wollte früher immer den Herrn
von Sala spielen,– dazu ist er aber viel zu weich und heiter und zu ausgesprichen unschnöd.
– Die
Ergas tut mir innig leid. Wie kann man einen harten
Unmenschen lieben. Aber Du siehst, all das Getu hat geholfen, – die Kritik wäre von alleine
nicht so gut worden.
Jacobsohn scharf aber gescheit.
Mein Liebes,– alle Nachrichten aus
Wien klingen beängstigend. Die
Wucki, der ich
nie glaube, dass sie mir vor 14 Tagen geschrieben hat, versichert mich, dass »ihr«
Haserl goldig ist, schreibt
mir aber nicht von Kohlen, Holz, etc., den wirklich brennendsten Fragen. Und nun will
ich Dir etwas gestehen: dass ich mich sehr nach Euch sehne, und der Gedanke mit tottraurig
macht, noch mehr als einen Monat von Euch fortzusein. Diese Reiserei wird mich auch
nicht umbringen, hoff ich, – und so möcht ich noch Mittwoch d. 1. mit dem beschleunigten Zug nach
Wien fahren, eine Zeit bei Euch sein und ev. am 10. od. 12. direct nach
Frankfurt fahren, und dann anschliessend an
München bei der
Lisl sein, dort soll das Concert am 27. stattfinden. – Ist es Dir recht so? Ich freu mich so sehr bei dem Gedanken, Dich
wiederzusehen, Arthur, trotz aller Qualen, die ich Dir,– wie Du mir bereiten musst,–
Du bist mir unlösbar verbunden,– ich flehe Dich nur an, quäl mich nicht zu sehr, Du
weisst nich, in welchem Zustand, reif für ein Sanatorium ich hier angelangt bin, wie
locker mir auch jetzt immer die Thränen sitzen,– ich halte für alle Tage so lange
für mich sehr aufregende Aussprachen. Ja, gewiss, ich fürchte mich ein bisschen vor
diesen Dingen,– ich bin ihnen jetzt gar nicht gewachsen,– aber kommen will ich doch,
ja?
Küss meine
Kinder, sei innigst gegrüsst.
Deine
O.
Hier gibts eine gute
ital. Veilchenreife à 10
.80, soll ich welche mitbringen?