Olga an Arthur Schnitzler, 26. 4. 1922

Mittwoch, 26. April 22.

Lieber, seit Du fort bist, hat sich nur eins verändert,– das Wetter ist nämlich noch genau so sibirisch unfreundlich wie die ganze Zeit,– neben meinem Zimmer hauen die Maurer das Gangfenster ein, – es soll eine Wendeltreppe (Dienerstiege) bis herauf geführt werden!
Die Folge davon ist: dumpfes Klopfen und Hämmern, vom frühen Morgen an. Das verfolgt mich heuer schon, genau so war’s im Oesterr. Hof in Salzburg,– wochenlang. Es macht mich ein bischen unglücklich, denn die ganze Wohnlichkeit meines Zimmers ist hin,– und man kann ja bei diesem Wetter nicht viel unterwegs sein. Ich hab sehr den Wunsch, auszureisen, denn die ganze Affaire wird noch 14 Tage dauern.
Heut Kofpweh in aller Früh, – ich finde es unglaublich, dass es den Pensionsgästen nicht rechtzeitig gesagt wurde.
Gestern war ich mit Suzanne und Grete L. in der Nachtvorstellung »Kiki«. Ein gut gemachtes Amusierstück, und eine glänzende Frauenrolle. Die Bergner wirklich reizend. Heut bin ich zu Frisch zum Thee geladen.
Gestern Nach. mit Frau Stoessler, die sehr lieb und hübsch ist, von Grete Kainz und ihrer hemmungslosen Hysterie bedauernswerte Vorfälle erzälend.
Bahr übersiedelt also nach München, davon hat er mir längst erzält,– nun ist es sicher und publik geworden.
Vom Lilikind 2 Briefe und eine Karte, sie verzichtet auf Aussee, und schildert mir, wie schön jetzt Haus und Garten in Wien sind. Von Heini nix.
Ich möchte schon gern Nachricht von Dir haben. Die Reise ist ja wol gut verlaufen, – nun wünsch ich innigst alles Wolbehagen, gutes Wetter, angenehme Menschen, und einen rapid sich verziehenden Katarrh. Vielleicht hilft die die Nähe des Meeres.
Albert ist mit seiner Frau wenige Stunden nach Deiner Abreise angekommen. Ich hab ihn noch nicht gesehen, wir sollten gestern Abend zusammen sein, aber offenbar hat er mich telefonisch verfehlt. So hört ich.
Das Klopfen wird vehement . . . es ist höllisch.
Leb wol, alles Gute und Innigste!
O.