Tagebuch von Arthur Schnitzler, 9. 1. 1911

9/1 Traum: Gesellschaft, wenig, (wer?) um einen Tisch; Kainz spielt herrlich Klavier, vielmehr hat eben gespielt (es ist sein Beruf), ich ergriffen, weil ich weiß, es ist das letzte Mal, fall ihm um den Hals; ängstige mich, daß er meine Bewegung merkt – er bleibt starr, wie die (unsichtbaren) andern.– Bauarbeiten an einem Flüßchen (Wien, bei Hütteldorf) – weiße Maurer, ich, wie andre auch, muß (?) mir das Gesicht mit röthlichem Staub einpudern.–
– Mit O. spazieren Türkenschanzpark. Treffen Salten mit Otti und Töchterl. Er war sehr geladen gegen Bahr (B.s letzter Artikel gegen Berger »kein Mensch spricht mehr vom Burgtheater« . . . 4 Wochen nach Medardus – man hat seit gewiß 10 Jahren nicht so viel vom Burgtheater gesprochen) . . . ich bestreite S.s Auffassung. Er (Bahr) hat es leicht zu schreiben, was ihm grade aus persönlichen Gründen paßt – da er durch Überzeugungen, Urtheil, Sachlichkeit niemals gehindert ist. – Über Burckhard. Die Redacteure des Fremdenblatt angeblich verzweifelt, weil B., von ihnen engagirt, in diesem officiösen Blatt immer antimilitärische, antiaristokratische Nebenbemerkungen macht.– Verhältnis Bahr und Burckhard – worin haben sie sich gefunden (da sie einander heute innerlich doch sehr fern sind) – irgendwie in der »Lausbüberei«.–
Nm. weiter an »Herbot«.–
Frau M. Fleischmann (Wetzler) besucht uns. Zeig ihr das Haus. Lese »Lutetia« u. a.