Daß sich der »
Medardus« auf dem Spielplan des
Lessingtheaters nicht würde halten können, war uns ja nach dem Ausfall der Première ziemlich klar
und so habe ich Ihre freundlichen Mitteilungen mit Fassung entgegengenommen. Täuschen
wir uns übrigens nicht darüber, daß die allgemeine Stimmung, in die wir mit der Erstaufführung
gerieten, für das Unternehmen alles eher als günstig war. Gestehen wir uns ferner
ein, daß allerlei an meiner dramatischen Historie dem Publikum des
Lessingtheaters wahrscheinlich auch zu anderen Zeiten gegen den Geschmack gegangen wäre, womit weder
gegen diesen Geschmack, noch gegen jene Historie etwas gesagt sein soll. Ob durch
gewisse Modifikationen der Inszenierung, schonungsvollere Kürzungen, größere Anzahl
von Proben bei gleichbleibender Vorzüglichkeit in vielem Einzelnen unsere Aussichten
eine erhebliche Steigerung erfahren hätten, dies zu untersuchen wäre eine müßige Aufgabe.
Was das Verhalten der Kritik anbelangt, so habe ich es ja Ihnen schon bei unseren
ersten Unterredungen über dieses Thema und zuletzt noch in
Celerina mit einiger Sicherheit Voraussagen können. Was wir allerdings (wenigstens vor
Celerina) nicht vorhersehen konnten war der Weltkrieg und noch weniger, daß ein großer Teil
der Kritik die günstige Gelegenheit ergreifen würde, ein dramatisches Werk, oder sagen
wir ganz bescheiden, ein Theaterstück nicht nur in gewohnter Weise an jedem beliebigen
Maß, das ihr eben zur Hand ist, sondern überdies auch noch am Weltkrieg zu messen.
So kommt es, daß die Presse (von wenigen Ausnahmen abgesehen) meine Erwartungen immerhin
noch übertroffen hat. Auf Ihre sonstigen Einwendungen und Einwändeleien war ich ja
vorbereitet und weder das konsequent vorgebrachte, oberlehrerhaft verbohrte Dogma
vom Heldentum, noch das etwas brüchige Verständnis für
Österreichertum,
Wienertum und – Menschentum im Allgemeinen haben mir eine neue oder überraschende Erfahrung
bedeutet. Dies alles hätte natürlich nicht verhindern müssen, daß die Leute bei dem
Stück sich unterhalten (so wie sie es in
Wien getan haben) und wir können nur hoffen, daß alle jene Umstände, die diesmal einem
Erfolg entgegenwirkten, bei einer späteren Gelegenheit ausgeschaltet erscheinen und
der Narr seines Schicksals die wohlverdiente Auferstehung feiern wird. Bis dahin dürfte
freilich sich manches noch beträchtlich Wichtigere ereignet haben. Nächstens bitte
ich Sie mir die Abrechnung zu schicken, damit ich mich meiner Schuld gegenüber dem
Bühnenverein und dem Ostheer entledigen kann, die freilich beide nicht so gut wegkommen werden, als wir es auch um unseretwillen gewünscht
hätten.
Wied2 × 2 = 5. scheint ja gut zu gehen und für den »
Querulanten« läßt sich nach seinen bisherigen Erfolgen Günstiges Vorhersagen. Und auch wenn Sie
mir nichts mehr vom »
Medardus« zu berichten haben, so lassen Sie doch bitte öfter von sich hören. Grüßen Sie alle,
die sich freundlichst meiner erinnern, insbesondere
Eloesser und seien Sie selbst auch im Namen meiner
Frau herzlichst begrüßt